.ROMANE


"Ich habe nie behauptet, dass meine Bücher für jeden bestimmt sind - aber ich glaube, dass niemand eines davon gelesen hat, ohne den Eindruck zu bekommen, etwas sehr Persönliches mit mir geteilt zu haben."

 

 

Als ich mein erstes Manuskript verfasste, schrieb ich mich leer. Nach achtzig Seiten war alles gesagt, was ich zu sagen hatte und der Ehrgeiz in mir machte mich wahnsinnig. Er führte dazu, dass ich aus der Angst heraus, nichts mehr mitteilen zu können, über ein viertel Jahr nichts zu Papier brachte. Dieser Druck entwickelte eine Blindheit, die selbst die besten Ideen zu verstecken wußte. 
Bis ich mir absolutes Schreibverbot verordnete und im Folgenden jede Phase, in der es nichts zu Schreiben gab, als Urlaub betrachtete. Trotzdem brauchte ich Struktur. Also ging ich nach wie vor regelmäßig in mein Café, in dem die meisten meiner Texte entstanden waren, und nahm mir noch immer einen Fensterplatz und einen Caffé e latte „zum hier trinken“. Allerdings trug ich nicht mehr als ein Buch bei mir und verbot mir den Ehrgeiz und mit ihm das Schreiben. Auf diese Weise brachte ich es auf mehr als hundert „Urlaubstage“ im Jahr und eine ungeahnte Produktivität. Und nebenbei entdeckte ich, dass ich mich in einem Konversatorium befand.
Konversatorien sind Orte des Nicht-Bösen und selten. Die Menschen, die sich hier trafen, waren überwiegend weiblich. Wieder ein Beleg für meinen Verdacht, Frauen seien die besseren Menschen. Etwas, dass mich seit längerem verfolgte und sich nicht mehr widerlegen ließ.

Die, die hier waren, kamen zusammen, um zu berichten. Bei denen war es gut. Oder sie kamen, weil sie einen neutralen Ort brauchten, um sich auszusprechen. Bei denen wurde es oft gut.
Damit war der Ort dem Erfreulichen vorbehalten. Anderes stieß er ab. Das merkten die, die sich zu streiten drohten, denn sie gingen.“

 

"Die Medizin ist noch ein halbes Jahrhundert davon entfernt, für jeden Tod eine Ursache zu finden - womöglich sogar noch ein ganzes, wenn wir der Zeit, die bis dahin bleibt, weiterhin ohne Demut begegnen."

Duncan MacDougall im August vor 98 Jahren

 

Dr. Geiger verabreicht einem Mann eine Überdosis Morphin und zeichnet mit Präzisionswagen das Gewicht des Sterbenden auf. Nachdem er weitere Patienten tötet, wird kurze Zeit später auch die Leiche des Mediziners gefunden. Henning, sein älterer Sohn, dessen Alltag von Alkoholproblemen und einem zweifelhaften Lebensstil bestimmt wird, zeigt sich vom ungeklärten Tod wenig beeindruckt. Die Beerdigung des Vaters empfindet er als eine Farce, die trauernde Familie geht ihm auf die Nerven. Am liebsten würde er mit dem Thema gänzlich abschließen, wären da nicht die Mitteilungen in der Presse, für deren Erscheinen sein Vater noch zu Lebzeiten gesorgt hatte. Immer mehr Augen richten sich auf die Hinterlassenschaft des Mediziners. Ständig kommen neue Informationen zu Tage. Bis Henning keine andere Wahl bleibt, als gemeinsam mit Ewa, einer jungen Ärztin, und Martin, einem Journalisten, den Hinweisen auf den Grund zu gehen. Je näher sie der Todesursache kommen, umso deutlicher werden die Anzeichen für eine Verschwörung. Das Leben seines Vaters, so, wie Henning es kannte, war nicht mehr als eine Fassade. Und je weiter sie dahinter blicken, umso deutlicher wird, dass jeder in Gefahr ist, der dem Vermächtnis des Doktors zu nahe kommt.


(Veröffentlichung im Januar 2015 - Rang 78 bei "Krimis & Thriller" auf Amazon)


"Frage mich, ob ich glücklich bin und ich werde dich in den Arm nehmen. Für einen Augenblick sollst du nur spüren, wie sich meine Finger tief in deinen Haaren vergraben, wie die Berührung deine Augen schließen lässt. Du kennst die Antwort. Dafür erreichst du mich schon zu lange auf zu viele Arten. Aber lass mich dir Halt geben. Nicht nur in diesem Moment. Nicht nur manchmal.

Frage mich, ob wir es aushalten können und du wirst in meinen Augen die gleichen Ängste finden, die auch dich verunsichern. Aber es müsste doch leichter werden, alles andere hätten wir nicht verdient.
Frage mich nicht, ob du schön bist, denn du weißt, dass ich manchmal neben dir nicht einschlafen kann, weil ich dich ansehen muss.
Lass mich jetzt einfach nur meine Hände um dein Gesicht legen, so, wie ich es seit dem ersten Tag nicht lassen kann ... und dann frage mich, ob ich dich liebe."

 

(Einer der Gewinner 2013 bei neobooks,

Veröffentlichung im Oktober 2015)


 

 

 

  

"Es sollte nur um Liebe, nur um das Herz gehen - doch je mehr Nina erleidet und je öfter ihr Leben vom Tod begleitet wird, umso unbedeutender wird die Frage, wie sehr sie liebt. Achtzehn Geschichten umreißen die Vergangenheit und die Ängste dieser Frau, bei denen es oft um Enttäuschung, Untreue und Tod geht, manchmal um Glück und Begehren, aber immer in irgendeiner Form um Liebe."


(Mein Erstling, ein Fragmentroman)


 

 

 

 

Generationsübergreifende Gefangenschaft und die Auswirkung auf die menschliche Psyche wird das Thema für diesen Scienes-Fiction-Thriller.

 

Eine Rezension auf Amazon:

"Ron Müller bindet bedeutende politische und weltgeschichtliche Ereignisse der Vergangenheit in das Buch ein, schafft es aber gleichermaßen, eine fiktive Zukunft, eine neue Welt zu erbauen. Diese Welt wirkte auf mich zu keiner Zeit konstruiert, sondern fühlte sich wahnsinnig realistisch an und so, als könnte uns diese Zukunft tatsächlich bald ereilen.

In dieser Welt hat sich mir immer wieder die Frage gestellt:

"WAS WÄRE, WENN?"

Oder auch:

"Wäre dies tatsächlich möglich?" - und die Antwort ist meistens: ja!"

 

(November 2020, die erste Verlagsveröffentlichung)

 



Vernarbt - Prolog

Er schlug die Frau, die überall war - deren Teil ich war. Also schlug er auch mich. Und dabei wusste ich nicht einmal, was Schläge waren. Ich nahm nur die Angst auf. Sie drängte sich in ihr Blut und fraß sich durch die Nabelschnur zu mir. Es musste furchtbar sein da draußen.

Ich wollte in ihrem Bauch bleiben, ihren Herzschlag direkt über mir.

»Hast du wieder getrunken?«, fühlte ich sie mehr fragen, als ich sie hörte. Für die Hälfte einer Sekunde war es still.

Er log. Das tat er immer, wenn er nicht sofort antwortete. Es fehlte nicht mehr viel, bis sie beschließen würde, ihn nicht wieder zu sehen. Zu spät für ihr eigenes Heil aber rechtzeitig, damit ich ihn nie zu Gesicht bekommen musste. Dieses gute Haar sollte ich an ihr lassen.

Sämtliche ihrer Gedanken waren in meinem Kopf, nur, dass ich sie nicht verstand. Ich spürte aber jedes der Gefühle, das an den Gedanken haftete. Das reichte, ihr nah zu sein – der, die überall war.

 

Immer wenn es einen ihrer kranken Momente gab, durchfuhr dieser sie, wie auch mich. Ich war ein Auslöser und gleichzeitig ein Grund, der sie durchhalten und alles ertragen ließ.

Manchmal wachte ich auf und war inmitten der Einsamkeit, die diejenige begleitete, die um mich war. Ich konnte mich davon schließlich nicht lossagen und trug dieselben Empfindungen. Mir war, als hätte ich einen Teil der Schuld, weil ich alles mitbekam und nichts tat.

Mein Glück war, dass all die Erinnerungen, die keine Erinnerungen, sondern nur geteilte Gemütszustände waren, irgendwann verloren gehen würden. Dann, wenn ich selbst sehen könnte. Es fehlten nur noch Wochen.

Mein Unglück war, dass ich alles bereits aufgesogen hatte. Ich sollte vor allen anderen wissen, was Angst war, weil ich ihr begegnete, bevor ich sie ertragen konnte. Sie sorgte dafür, dass umso mehr Dinge später in meinem Leben wiederum in Angst enden würden. Doch wir konnten das nicht ändern - weder ich, noch die, auf deren Liebe ich hoffte.

 

Sie lebte für mich, wird sie mir eines Tages sagen wollen – dann, wenn ich längst vergessen habe, dass ich genau das spürte, schon solange, wie ich in ihr war; solange, wie ich wusste, dass alles in ihrem Bauch nicht schwarz, sondern zinnoberrot war.